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Literarischer Adventskalender: 1. Türchen

Literarischer Adventskalender

Die AG „Freies Schreiben“ präsentiert einen literarischen Adventskalender. Jeden Tag gibt es ein selbst geschriebenes Gedicht oder eine kleine Geschichte.

Hinter 24. Türchen warten hier täglich neue Texte, von Elfchen bis zu mehrteiligen Kurzgeschichten:

Weihnachten – Ein fröhliches Fest?

Eine Kurzgeschichte von Imke Claußen (11e)

Es ist der 24. Dezember. Draußen ist es kalt und der Schnee fällt in dichten Flocken. Alles ist so, wie es sein muss. Nur eine Sache fehlt noch. „Ist es jetzt soweit?“, fragt Tim und wendet sich vom Fenster ab zu seiner Mutter, die in der Küche steht und den Braten fürs Abendessen vorbereitet. Als Antwort erhält er nur ein müdes Seufzen. „Nein, Timmy. Erst, wenn es dunkel wird.“ Tim stöhnt. „Das ist ja noch eeewig…“ Er starrt wieder aus dem Fenster, den Kopf in die Hände gestützt. Auf der Straße vor dem Haus spielen ein paar Nachbarsjungen Fußball. „Willst du denn nicht mitspielen?“, fragt Tims Mutter. Sie ist hinter ihn getreten und legt ihm jetzt die Hand auf die Schulter. Tim schüttelt den Kopf. „Ich will Geschenke!“ Sehnsüchtig wirft er einen Blick auf den bunt geschmückten Tannenbaum im Wohnzimmer. Seine Mutter kann sich ein Lächeln nicht verkneifen und erklärt: „Die Zeit vergeht viel schneller, wenn du dich mit irgendwas beschäftigst, glaub mir.“ Tim hat da seine Zweifel.

Trotzdem lässt er zu, dass ihn seine Mutter sanft in Richtung Haustür schiebt und zieht brav die Jacke, die Handschuhe und die Mütze an, die sie ihm reicht. So dick angezogen tritt er auf die Straße und mischt sich unter die anderen Nachbarskinder, die sich freuen, ihn zu sehen. Zuerst ist es noch kalt und nass und Tim denkt immer wieder an die vielen bunten Päckchen, die ihn erwarten, wenn erst die Sonne untergegangen ist. Doch schon nach ein paar Minuten werden seine Blicke in Richtung Horizont weniger und er konzentriert sich ganz und gar darauf, den Ball zwischen die beiden Mützen zu schießen, die als Torpfosten herhalten müssen. Schon bald schwitzt er unter seiner dicken Jacke vor Anstrengung. Ihm wird klar, dass seine Mutter Recht hatte. Seine Stimmung hebt sich deutlich, immer wieder tritt er gegen den Ball und es ist ihm egal, dass er dabei mehrmals ausrutscht und auf dem Hintern im Schnee landet.

Schon startet er einen neuen Angriff auf das gegnerische Mützentor. Er legt seine ganze Kraft in den Schuss, aber er verschätzt sich dabei. Der Ball fliegt hoch hinaus, weit über die Köpfe der anderen Kinder hinweg und noch weiter. Aller Augen folgen der schwarz-weißen Kugel durch die Luft und über die Hecke von Frau Schäfers Grundstück hinweg. „Oh, oh“, entfährt es Tim. Auf einmal sehen alle zu ihm. „Den holst du wieder“, fordert einer der älteren Jungen und die anderen nicken zustimmend. Tim schluckt. Er will nicht in Frau Schäfers Garten gehen. Die alte Frau ist immer so unfreundlich, vermutlich mag sie keine Kinder. Es gibt sogar Gerüchte, sie solle eine Hexe sein. Tim hat keine Ahnung, ob das stimmt, aber er hat auch keine große Lust, es herauszufinden. Er sieht sich hilfesuchend im Kreis der Nachbarskinder um, aber keiner ist bereit, ihm zu helfen. „Na gut, ich hol ihn“, sagt er schließlich und versucht, seine Stimme nicht zu sehr zittern zu lassen. Es gelingt ihm nicht besonders gut. Tim spürt die Blicke der anderen in seinem Rücken, als er die Auffahrt zu Frau Schäfers Haus hinauf geht. Der Schnee knirscht unter seinen Füßen. Er friert plötzlich wieder. Langsam geht er um das Haus herum und ist erleichtert, als ihn die anderen Kinder nicht mehr sehen können. Er steht jetzt im Garten von Frau Schäfer...

Der nächste Teil erscheint am 2. Advent (8.12.).