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Literarischer Adventskalender: 20. Türchen

Literarischer Adventskalender

Die AG „Freies Schreiben“ präsentiert einen literarischen Adventskalender. Jeden Tag gibt es ein selbst geschriebenes Gedicht oder eine kleine Geschichte.

Hinter 24. Türchen warten hier täglich neue Texte, von Elfchen bis zu mehrteiligen Kurzgeschichten:

Der Tannenbaum

Dritter und letzter Teil der Kurzgeschichte von Imke Claußen (11e)

... Zurück zu meinen Vögeln und meinen Rehen. Aber stattdessen fand ich mich kurze Zeit später in einem großen Raum wieder, meinen Stamm in einen Ständer gequetscht und die Kinder hüpften um mich herum, um bunte Kugeln an meine Zweige zu hängen. Hilflos ertrug ich, wie aus mir ein bunt behängtes Etwas wurde. Ich sah so grausam aus und das Gewicht der Kugeln zerrte an meinen Zweigen, bog sie ganz schrecklich nach unten. Vögel gab es keine und Rehe auch nicht. Kerzen wurden auf mich drauf gestellt und ein Stern auf meine Spitze gesetzt. Dann war der Spuk erstmal vorbei und es passierte eine Zeit lang gar nichts, ich glaube, die Familie war weg gegangen. Ich befürchtete schon, sie hätte mich vergessen, aber dann tauchte zumindest der Große wieder auf, der Vater. Er legte kleine bunte Päckchen unter meine Zweige, zündete die Kerzen auf meinen Ästen an und lächelte zu mir hoch. „Gleich geht es los, was?“, sagte er und zwinkerte mir zu. Dann löschte er das große Licht, sodass das einzige Licht von meinen Kerzen ausging. Das sah schön aus, fast, wie wenn in meinem alten Wald abends die Sonne unterging. Dann kamen die kleinen Menschen wieder und als sie mich sahen, strahlten ihre kleinen Gesichter. Mir wurde ganz warm ums Herz. Sie fingen an zu singen, schöne Lieder sangen sie und irgendwie wurde es gemütlich. Sie sangen „Oh Tannenbaum“, das Lied gefiel mir besten. Es fühlte sich alles so gemütlich an, so behaglich und schön. Ich mochte es irgendwie. Ich mochte die Kinder, das Lächeln auf ihren Gesichtern, mochte den Vater, der mit lauter Stimme, aber ein bisschen schief sang und ich mochte die Mutter, die den Arm um das kleinere Kind gelegt hatte. Sie setzten sich um mich herum, griffen unter meine Zweige und holten die Päckchen hervor, packten sie aus und freuten sich und es fühlte sich gut, dass ich ein ganz kleines bisschen der Ursprung dieser Freude war. Vielleicht waren Veränderungen, insbesondere diese, gar nicht so schlecht.